In der Ausschreibung zu diesem Ladengespräch hatte es geheißen: "Alkoholprobleme, Adoption, Missbrauch, Suizid, psychische Störungen: Das sind Tabuthemen, die in vielen Familien totgeschwiegen werden - oft über Generationen hinweg. Dunkles wird verheimlicht und vertuscht aus durchaus nachvollziehbaren Gründen. Geheimnisträger schämen sich, fürchten, stigmatisiert zu werden oder sorgen sich um Angehörige, denen sie quälendes Wissen vorenthalten möchten. Dennoch hat das Nichtgesagte, Verschwiegene für die anderen häufig tiefgreifende Konsequenzen. Sie merken, da stimmt etwas nicht, da brodelt etwas im Untergrund. Sie spüren, da ist etwas, das sich nicht greifen lässt, sie fühlen sich belogen und betrogen. Nicht selten kommt es auf diese Weise zu psychischen Erkrankungen, die einer therapeutischen Aufarbeitung bedürfen. Das Ladengespräch lädt ein zum Erfahrungsaustausch, fragt: wann ist es besser, ein Geheimnis offen zu legen bzw. den Mantel des Schweigens darüber zu decken und welche Konsequenzen resultieren aus beidem." - 5 GesprächsteilnehmerInnen trafen sich zu einem intensiven Austausch. Zahlreiche persönliche schmerzhafte Lebensereignisse, "Familiengeheimnisse" eben, wurden erzählt und im kleinen Kreis darüber gesprochen. Schnell wurde klar, wie gefährlich Schweigen sein kann: Betroffene berichten von psychosomatischen Beschwerden, von quälenden Alpträumen, von der ständigen Anspannung, die entsteht, wenn Geheimes nicht ans Licht kommen darf. Neben schädlichen, destruktiven Familiengeheimnissen gibt es durchaus auch sinnvolle und konstruktive Geheimnisse, z.B. die "individuellen Geheimnisse", die in einem Tagebuch Platz finden!